Öde und berechenbar

Der 1.FC Kaiserslautern quält Arminia Bielefeld mit destruktivem Technokratenfußball zur Torlosigkeit

BIELEFELD taz ■ „Haben die überhaupt ein einziges Mal auf unser Tor geschossen?“. Der Satz stammt von Roland Kentsch, Geschäftsführer von Arminia Bielefeld. Die Antwort lieferte er natürlich gleich mit: „Ich kann mich nicht daran erinnern.“ Mit „Die“ meinte Kentsch die Mannschaft des 1.FC Kaiserslautern. Und wenn jemand so viel Zynismus in die Spielanalyse legt, muss es sich wohl um ein tollen Nachmittag gehandelt haben, den er mit zahlreichen Leidensgenossen auf der ehemaligen Bielefelder Alm ertragen durfte. 0:0 lautete dann auch das einzig gerechte Ergebnis in diesem wenig erbauenden Fußballspiel.

Von Sepp Herberger stammt der Satz: „Die Leute gehen zum Fußball, weil sie nicht wissen wie es ausgeht.“ Passte irgendwie auch zum Samstag in Bielefeld. Nur anders. Die Zuschauer hatten ein feines Gespür für das, was sie an diesem Nachmittag erwartete. Die Konsequenz: Sie blieben einfach zu hause. 16.684 Menschen füllten die Bielefelder Schüco-Arena nicht wirklich. Knapp 10.000 Plätze blieben leer. Und freuen mochte sich hinterher wirklich niemand. Naja, einer doch: „Ich bin nicht begeistert von der Art und Weise wie wir gespielt haben, aber von dem Ergebnis“, sagte Kaiserslauterns Trainer Michael Henke nach dem Spiel. Er verzog dabei keine Miene und schob in das Schweigen der staunenden Masse nach: „Wir haben zu null gespielt“, das sei doch nicht selbstverständlich. Da hatte er recht. Vor einer Woche schenkte Weder Bremen den Pfälzern am heimischen Betzenberg fünfmal ein. Grund genug, um an den Bielefeldern Rache zu üben. Aber keine Angst: In Zukunft werde man von der destruktiven Spielweise Abstand nehmen.

Für die Bielefelder kommt dieses Versprechen mindestens 90 Minuten zu spät. Gegen die Lauterer Spielverweigerer fanden sie selten ein adäquates Mittel: „Es ist schwer, gegen eine Wand zu spielen. Was dem Spiel gefehlt hat, war ein Tor“, fand Arminen-Coach Thomas van Heesen einen von vielen passenden Vergleichen. Isaac Boakye, Sibusiso Zuma und Radomir Dalovic vergaben die wenigen Chancen. Letzterer ließ den völlig verzweifelten ARD-Reporter Gerd Gottlob zu der Aussage hinreißen: „Der Serbe vernichtet diese Chance.“ Fußball ist eben auch Glücksache. So oder so.

Dass die Chancen nicht unbedingt heraus gespielt wurden, sonder eher zufällig zustande kamen, muss nicht sonderlich erwähnt werden. Den Bielefeldern fehlt es am kreativen Mittelfeldpotenzial. Der Albaner Fatmir Vata muss nach einem Innenbandriss sechs Wochen pausieren und der Spielmacher der vergangenen Saison, Ervin Skela, spielt mittlerweile beim 1. FC Kaiserslautern. Und um die Arminen endgültig zu demütigen, wurde auch Skela in das technokratische Defensivkonzept des mehrmaligen Co-Meisters Michael Henke gezwängt. Die Pfiffe der Arminen-Fans waren Skela sicher – wahrscheinlich lag es hier aber ausnahmsweise nicht an der Spielweise. „Ich habe erwartet, ausgepfiffen zu werden – damit muss man leben“, sagte Skela nach dem Spiel. Das Fußballspiel ist manchmal eben doch berechenbar – und wird dann ganz schnell verdammt öde. HOLGER PAULER